ACO WM auf Kreta 2013

Die Organisation ACO möchte jenseits der FIDE das Schach für Amateure ( laut Festlegung unter 2400 ELO-Punkte) fördern. Dafür bietet sie Training und weltweit Turniere zu, meiner Meinung nach, moderaten Preisen an. Eine Mitgliedschaft ist nicht notwendig. Jeder kann sich anmelden und teilnehmen.
Dieses Jahr veranstaltete die ACO ihre 2. Weltmeisterschaft der Amateure auf Kreta. Nach einer Teilnehmerzahl von 75 bei der ersten Meisterschaft in Dubai reisten ca. 170 Teilnehmer und mindestens noch mal so viele Betreuer aus allen Kontinenten (mit Ausnahme Afrika) an. Sie wurden in sieben Gruppen eingeordnet, jeweils getrennt um 200 Wertzahlpunkte. Die Veranstaltung war angesetzt über 9 Runden und begann am 12.Mai und endete am Pfingstsonntag. Gespielt wurde im 4 **** -All-Inclusive Hotel Aquis Arina Sand , ca . 15 km östlich von Heraklion, wo wir auch untergebracht waren. Die Anlage liegt direkt am Meer und bot beste Bedingungen (auch für die Begleiter ). Man konnte sich von früh 7:00 Uhr bis 23:00 Uhr mit allem Erdenklichen bezüglich Essen und Trinken bedienen. Auch im Spielsaal standen Kaffee, Kuchen und Wasser zur Verfügung. Die Freundlichkeit des Personals war überwältigend. Meine Frau begleitete mich. Unsere Anreise ging mit GermanWings am 11.Mai über Köln/Bonn nach Heraklion.
Am Sonntag wurden alle Teilnehmer vom Veranstalter begrüßt und nach einigen Verzögerungen bei den Auslosungen begann das Turnier. Ich spielte in Gruppe C (2000-1801) zusammen mit 24 anderen Teilnehmern. Da die Wertzahl vom Meldedatum bindend war, hatte ich die Startnummer 6. Mir zugelost war ein sympathischer Hanseat, der schon mehrmals im RAMADA-Dresden mitgespielt hatte. Soweit ich mich erinnern kann, war dies das erste Turnier bei dem in der Runde 1 die weißen Steine hatte. Nach knapp 4 Stunden konnte ich meinen Colle-Koltanowski-Angriff in den Startsieg ummünzen.
Montag, 10:00 Uhr dann Runde 2. Ich hatte Schwarz gegen einen Sportfreund aus Österreich und konnte die Stärke der Springer gegenüber den Läufern in einer Skandinavischen Partie demonstrieren. Zwei aus Zwei - ein guter Start. Am gleichen Tag 16:00 Uhr dann Runde 3. Gegen den russischen Sportfreund Bessarab aus Tjumen reichte es mit Weiß nur zu einem Remis.
Überhaupt zeigte sich ab dieser Runde, dass unsere Gruppe sehr ausgeglichen war. Trotz weiterer Remis am Dienstag, wieder gegen einen Österreicher (der Rösemanns Lieblingswaffe anwandte ( Pirat8 hatte mich per Mail gewarnt), die ich in die Tarrasch-Verteidigung ummünzen konnte ) und den beiden Remispartien am Mittwoch, dem zweiten Tag mit einer Doppelrunde, lag ich zusammen mit 7 anderen Spielern punktgleich an der Spitze, exakt nach Zweitwertung auf Platz 2.
Das erste Remis am Mittwoch war nicht ausgekämpft, einfach den Tatsachen geschuldet, dass ich von so einer Doppelrunde generell nicht begeistert bin und Kräfte sparen wollte, aber auch weil wir mit dem Mecklenburg-Italiener ( er wohnt seit 13 Jahren in Italien nahe der Schweizer Grenze - seine Frau spielte auch mit und belegte in der Gruppe der Wertzahllosen den 3. Platz) zusammen schon einiges unternommen und erlebt hatten. In der Nachmittagspartie hatte ich etwas Glück. Der Sportfreund aus Österreich übersah eine vorteilhaften Zug und ich hatte dann laut Computer eine Gewinnstellung. Am Brett hatte ich 40 min investiert. Es erschien mir alles zu gewagt. Auch die Analyse innerhalb einer Traube von Österreichern brachte kein Resultat. Da ich wegen schwacher Internetverbindung meine Analysen und Vorbereitungen mit dem Rechner in die frühen Morgenstunden, noch vor dem Bad im Meer und dem Frühstück, verlegte, konnte mich das dann auch schon nicht weiter ärgern.
Donnerstag war Schachfrei. Man konnte das Ausflugsangebot der Veranstalter nutzen oder sich privat in die Umgebung aufmachen. Wir zogen letzteres vor und besichtigen das Meeresaquarium und die Ausgrabungsstätte Knossos sowie die wenig anheimelnde Stadt Heraklion. Alles per Linienbus erreichbar.
So ging dann am Freitag das Turnier in unserer Gruppe erst richtig los. Ich hatte Weiß und konnte eine Holländische-Verteidigung erfolgreich knacken, auch weil ich mir wegen des ewigen Stonewalls unseres Klaus Pohls das Spiel gegen diesen Stellungstyp mal etwas genauer angesehen hatte. Schwamm drüber, dass der Nordrheinwestfale mir ewig lange beweisen wollte, dass er eigentlich die Partie gewonnen hatte.
Punktgleich mit zwei anderen, erst durch die dritte Feinwertung auf Platz 1, ging es in die Vorschlußrunde am Samstag. Ich spielte gegen die Nummer 1 der Setzliste und hatte wider Erwarten die weißen Steine. Konnte meine Colle- Partie mit einer kleinen Kombination ein einen Sieg gegen den in Griechenland lebenden Eidgenossen umwandeln. Am Ende der Runde lag ich zusammen mit meinem Gegner aus Runde 4 - der "Rösi-Verschnitt" - mit einem ganzen Punkt vor zahlreichen Verfolgern, hatte sogar um 1,5 Punkte die bessere Zweitwertung.
Am Pfingstsonntag hatte ich Schwarz. Der punktgleiche Sportfreund Huber spielte mit Weiß. Meinem jungen Gegner aus Paderborn bot ich nach Abtausch aller Leichtfiguren in einer Skandinavischen Verteidigung Remis an. Nach längerem Bedenken akzeptierte er dies. Der Vize-Titel war gesichert und Sportfreund Huber musste eine ausgeglichene Stellung auf Krawall spielen. In der Zweitwertung würde ich auf jeden Fall mindestens 0,5 Punkte besser bleiben, da wir fast die gleichen Gegner hatten, die jetzt auch noch gegeneinander spielten, und so jeder von uns unabhängig vom Ausgang der Partien, ausgenommen einer, jeweils einen vollen Punkt für die Zweitwertung mitnehmen würde.
Ich verkrümelte mich ins Meer und dann zur Poolbar, wo ich mit meiner "Frau Vize-Weltmeisterin" mit Griechischem Tiger (Ouzu, Eis und Orangensaft) anstieß. Mittag hatten wir nach Hinten verschoben, da am Abend das Abschlussessen erst für 21:00 Uhr geplant war.
So gegen 14:30 Uhr kam Gundula Heinatz (letzte DDR-Meisterin) zu uns und gratulierte, nun zum ersten Platz. Schachfreund Huber hatte überzogen.
Abends dann , gab es eine würdige Abschlußveranstaltung, zu der sogar ein Dress-Code vorgeschrieben war. Alle Teilnehmer wurden nach vorn gerufen, wo sie ihre Urkunde bekamen. Für die jeweils 3 Besten der Gruppen gab es Pokale und Preisgeld (für alle Gruppen gleich !). Besonders geehrt wurden die jüngsten Teilnehmer, alle Frauen und Mädchen, dabei eine Dame, die vor 2 Jahren mit Schach angefangen hatte und stattliche 94 Lebensjahre aufweisen konnte.
Für mich war es nach einer katastrophalen Saison ein gutes Turnier. Ich lag immer vorn dabei und hatte am Ende bis auf den Schachfreund auf Platz 6 gegen alle bis zum Platz 10 gespielt.
Hervorragend war auch die Turnierorganisation - getragen vorwiegend durch die Familien Hirnreise und Bindrich. Neben einem umfangreichen Ausflugsangebot, weiteren organisierten Turnieren - Einzel- und Mannschaftsblitz - war der gesamte Ablauf professionell organisiert, was auch wesentlich zu der guten Atmosphäre zwischen den Spielern und Begleitern beitrug. Danke dafür.
Fotos
23.05.2013, Linde